Allgemein · Wettkämpfe

196km um den Balaton

Seit langer Zeit möchte ich auch hier mal wieder über ein läuferisches Ereignis von mir kurz berichten. Meist geschah dies zuletzt nur über meine Facebook-Seite. Wer nachlesen möchte was in der Zeit so los war, kann dies gerne hier tun.

In diesem Bericht geht es aber nur um meinen ersten Etappenlauf. Der fand vom 21.-24. März 2019 in Ungarn statt. Genauer gesagt am Balaton, dem größten Binnensee Europas. Insgesamt 196km sollte es zu bewältigen geben. 

Tag 1: Start um 10:45 Uhr für die 48,3 km von Siófok nach Fonyód. Zeitlimit 6:04 Stunden

Tag 2: Start um 10:30 Uhr für die 52,9 km von Fonyód nach Szigligeti  Zeitlimit 6:53 Stunden

Tag 3: Start um 10:20 Uhr für die 43,6 km von Badacsony nach Balatonfüred. Zeitlimit 5:34 Stunden

Tag 4: Start um 9 Uhr für die 51,3 km wieder zum Ausgangspunkt nach Siófok. Zeitlimit 7:04 Stunden

Angereist bin ich am Mittwoch mit Flugzeug von Berlin nach Budapest und dann weiter mit der Bahn nach Siofok. Dort war am Abend die Startnummernausgabe im Hotel Magistern, wo auch am nächsten Morgen der Start für die erste Etappe angekündigt war.

Die Unterkünfte an den jeweiligen Start- und Zielorten hatte ich mir selber organisiert. Alternativ kann man beim Veranstalter auch verschiedene Pakete im Vorfeld buchen, welche die Unterkünfte beinhalten, sowie Frühstück/Abendessen und diverse Bustransfers. Im nachhinein war ich aber mit meiner Auswahl mehr als zufrieden und sparte auch noch 200€ gegenüber dem Paket. So war auch gleich noch bisschen Abenteuer dabei und ich kam an Orte und Leute, die ich sonst wohl nicht zu Gesicht bekommen hätte. Würde ich jederzeit wieder so machen.

1. Etappe

Am Morgen zum Start des ersten Abschnittes lachte bereits, bei strahlend blauem Himmel, die Sonne. Noch etwas frisch, aber trotzdem herrlich. Kaiserwetter war angesagt und ich total aufgeregt, sowie auch etwas übermotiviert.

Auf dem Plan standen zum Start die 48,3 km von Siófok nach Fonyód. Da ich vorher nicht wusste was mich bei so einem Etappenlauf erwartet, wollte ich es ruhig mit so 6:30min/km angehen lassen. Finish am 4. Tag stand über alles. Noch nie war ich vorher 2 Tage hintereinander einen Marathon gelaufen. Und schon gar nicht 4 Tage Ultra.

Es lief sich gut an. Die Temperaturen passten, es gab viel zu gucken und die Verpflegungspunkte waren sehr gut ausgestattet. Prima vom Veranstalter, dass die Staffelläufer eigene Tische und Wechselzonen hatten. Mit der Zeit wurde es immer wärmer und ich bereute inzwischen die Kleiderauswahl für oben herum. Außerdem war ich viel zu schnell unterwegs. 6min/km bei einem einzelnen Marathon oder Ultra ist ja o.k., aber vor wir lagen ja noch 150km die nächsten Tage. Außerdem merkte ich ab KM40 bereits etwas die Beine und musste doch auf die Zähne beißen. Also etwas Tempo rausgenommen und so erreichte ich die Ziellinie bei 4 Stunden und 55 Minuten. Die erste Etappe war also geschafft, aber was erwartete mich am nächsten Morgen und auf der Strecke. Schwere Beine vom Vortag. 53km nur quälen ? Ich war gespannt.

2. Etappe

Mit erstaunlich lockeren Beinen stand ich am Freitag Morgen auf und machte mich auf zum Startpunkt in Fonyod. Lediglich der Rücken schmerzte etwas, es sollte sich aber recht schnell Besserung einstellen. Vor mir lag heute die längste Strecke. 53km nach nach Szigligeti.

Es herrschte wieder Kaiserwetter. Das sollte sich, ich nehme es vorweg, auch die nächsten Tage nicht ändern. Die Temperaturen steigerten sich auch kontant. Heute war ich aber besser darauf vorbereitet und traf die richtige Kleiderwahl.

Vor mir lag meine, im nachhinein gesehen, schönste Etappe. Gut gelaunt und flotten Fußes ging es los. Aber heute nicht zu flott, und das hielt ich auch ein. Wie alle tage führte auch diesmal die Strecke komplett durch die Sonne.

Aber ich war gut drauf und ab Kilometer 15 sollte der heutige Tag sehr kurzweilig werden. Dort lief ich einige Zeit neben einer Läuferin, die anscheinend in dieser Phase das gleiche Tempo wie ich eingeschlagen hatte. Irgendwann sprach sie mich an. Kommt ja öfters mal vor so ein Smalltalk. Besonders bei Ultraläufen ist dies ja das Tolle. Die junge Dame war eine einheimische Läuferin, war aber schon viel herumgekommen. So sprach sie perfekt englisch. Allerdings war meins schwer eingerostet, wie ich feststellen musste. Trotzdem entwickelte sich aus dem Smalltalk eine angeregte Unterhaltung und wir waren plötzlich schon beim Kontrollpunkt an Kilometer 32. Ab da war es dann schon wie selbstverständlich, dass wir die letzten 20km auch zusammen laufen werden und auch zusammen die Ziellinie erreichen werden.

Für Adri war es an dem Tag allerdings eine Einzeletappe. Auch dies ist beim Balaton Supermarathon möglich. An einigen Tagen auch Halbmarathon und Marathon.

Die Zeit verging wie im Fluge und wir wussten, dass uns zum Abschluss noch ein schöner Anstieg erwartete. Diesen konnte man schon beim 100km-Schild gut aus der Ferne sehen. Aber für mich war auch an dem Punkt schon über die Hälfte meiner Umrundung geschafft.

Gemeinsam bewältigten wir aber auch noch den Hügel und wurden zusammen gebührend vom Sprecher und Zuschauern nach 5 Stunden und 47 Minuten empfangen. Toller Tag mit tollen Erinnerungen.

3. Etappe

Der Startpunkt der 3. Etappe lag etwas entfernt von Zielort des vorherigen Tages. Mein betagter, aber sehr netter Vermieter, fuhr mich aber freundlicherweise mit dem Auto dorthin. Vorher hatte er mir noch ein leckeres Frühstück zubereitet, obwohl eigentlich keines im Preis dabei war. Dies spiegelte auch meinen Eindruck in den Tagen wider. Alles sehr gastfreundlich gewesen. Wie so viele Ungarn, grad die Älteren, sprach er sehr gut deutsch. Entweder hatten sie früher in Deutschland mal gearbeitet oder hatten deutschsprachige Vorfahren. Und natürlich viele deutsche Urlauber am Balaton, grad zu DDR-Zeiten.

Die mit 43km kürzeste Etappe war auch die landschaftlich schönste. Viel Abwechslung, tolle VP´s, fast immer das Wasser in Sichtweite und ein schöner Zieleinlauf in Balatonfüred.

Läuferisch fühlte ich mich auch klasse an dem Tag. Trotz hügeligen Profil lief es durchgehend gut. Zwischendurch mal kurze Schmerzen im Schienbein, die konnte ich aber weglaufen. Am liebsten wäre ich gleich noch die Abschlussetappe durchgelaufen, aber ist ja kein Wunschkonzert.

Nach 4 Stunden und 36 Minuten erreicht ich das Ziel und genoß den Abend noch an der Promenade von Balatonfüred. Ein schöner Ort, an den ich mich Sicherheit nochmal zurückkehren werde. Dann aber für mehrere Tage.



4. Etappe

Der große Tag stand bevor. Die letzte Etappe. Nochmal 51km, zurück zum Ausgangspunkt nach Siofok. Und dann das: Das Schienbein schmerzte, ich konnte kaum auftreten am Morgen. Das kannte ich nur von erzählen, hatte es selber aber noch nie. Würde sich das wieder legen ? Es schien zunächst so. Nachdem ich in die Gänge gekommen war, waren am Start die Probleme zunächst wie verschwunden. Skeptisch, aber voller Vorfreude machte ich mich auf. Alles passte, 20 grad, pralle Sonne.


Aber der Schmerz im Schienbein war schnell wieder da. Mal mehr und mal weniger. Ich musste nicht humpeln, konnte auch auftreten. Aber es war nervig. Aufgeben war in dem Moment jedenfalls keine Option. Bei einem Einzelrennen. Klar, hätte ich bestimmt abgebrochen. Aber doch nicht am letzten Tag eines Etappenlaufes, nachdem schon 3/4 geschafft war.

Das Zeitlimit war am Abschlußtag recht großzügig. 7 Stunden für knapp über 51km. Also nahm ich mir vor, erstmal so lange zu laufen wie es nur geht. Wenn ich sehe, daß ich es zeitlich auch gehend schaffe, könnte ich dies immer noch tun. So schleppte ich mich bis KM40 erstmal durch. Die Gehpausen hob ich mir für die Stellen auf wo es bergab ging. Dort schmerzte es am meisten. An einer besonders steilen Stelle bin ich sogar rückwärts hinab gegangen. Aber es sollten meine einzigen Gehpausen an den vier Tagen bleiben.

Die letzten Kilometer waren dann nur noch pure Euphorie. Ich lief und lief. Alles war vergessen. Nichts zu spüren, außer Glück und Stolz.

Nach 6 Stunden beendete ich die 51km und nahm meine Medailie in Empfang. Viele tolle und zufriedene Menschen gratulierten sich im Ziel. Nach 4 Tagen kannte man sich, irgendwo hatte man sich auf der Strecke mal gesehen oder kurz auch gequatscht.

310 Läufer und Läuferinnen gingen über die gesamten 196km an den Start. Davon erreichten 33 nicht das Ziel oder kamen nicht in die Wertung, da z.b. teilweise die Cutoff-Zeiten überschritten.
Ich benötigte 21 Stunden und 20 Minuten, was durchschnittlich eine 6:32min/km entspricht. In meiner Altersklasse Männer 40-49 gingen die meisten Teilnehmer an den Start des 12th Lake Balaton Supermarathon, nämlich 107. Davon wurde ich 58.

Vernünftiges und zufriedenstellendes Ergebnis, für meine erste Erfahrung als Etappenläufer…

2 Kommentare zu „196km um den Balaton

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